Zum Hauptinhalt springen
Oldtimer-Spitznamen·13.4.2022

Renault 4CV, das Crèmeschnittchen

Warum das Crèmeschnittchen eigentlich Crèmeschnittchen heißt, das ist eine interessante Geschichte. Der Renault 4CV, „Quattre Chevaux“, gesprochen etwa „Kattschewo“, wie er bis heute liebevoll von unseren gallischen Nachbarn genannt wird, war für die Nachkriegsmotorisierung in Frankreich ähnlich wichtig wie der Käfer bei uns.

Dabei war sein Konzept von besonderer Qualität. Ein kleiner Reihenvierzylinder mit Wasserkühlung im Heck, dazu vier ganz ordentliche Plätze hinter vier Türen, was in dieser Klasse keine Selbstverständlichkeit war. 750 Kubik, Leistung von 17 bis 21 PS im Laufe der Jahre, was bei einem Gewicht von nur 600 kg durchaus flott zur Sache ging. Von 1946 bis 1961 sollten über 1,1 Millionen 4CV ihre Liebhaber finden.

Aber nun zu den legendären Seiten. Immer schon kursiert das Gerücht, Professor Ferdinand Porsche sei an der Entwicklung beteiligt gewesen. „Ja klar“, sagen die einen, „nichts davon ist erwiesen“, sagen die anderen. Allerdings schreibt Ferry Porsche, der Sohn des großen Pioniers, in seiner Autobiographie, dass der Vater tatsächlich hinzugezogen wurde, der Konstruktion den letzten Schliff zu geben. Freilich tat er das nicht ganz freiwillig, denn Anfang Mai 1946 wurde er von den Franzosen in der Internierung von Baden-Baden nach Paris verlegt, wo er in einem Dienstbotenzimmer der Renault-Villa untergebracht wurde, wie sich Ferry Porsche 1989 erinnerte. Der alte Professor Porsche soll also tatsächlich die Pläne des 4CV geprüft haben, einiges wurde bei der Gewichtsverteilung verlagert, die Reifengröße verändert und noch dies und das.

Aber der schönste Mythos ist doch der Kosename des 4CV, das „Crèmeschnittchen“, oder auch „Motte de Beure“, Butterklümpchen, wie in die Franzosen liebevoll genannt haben. Tja, der Krieg war verloren und das Saarland stand unter französischer Besatzung. Klar, dass die Saarländer nun Autos in Frankreich kauften, um den teuren Einfuhrzoll aus dem Ausland zu sparen. Drei von vier Autos waren schließlich „Kattschewos“, und aus dem französischen Butterklümpchen wurde das deutsche Crèmeschnittchen, der pastellweißen Farbe wegen, die am Anfang der Produktion wohl ausschließlich verwendet wurde. Das allerdings war keine Modeerscheinung, sondern reine Sparsamkeit aus der Not heraus.

Während des Krieges hatten die deutschen Besatzer im Renault-Werk Billancourt auf einer Seine-Insel bei Paris ihre Wehrmachtsfahrzeuge gewartet und nach der Niederlage und Flucht einen Haufen an Dosen eben dieser Farbe hinterlassen. Und da sind sie wieder, die einen und die anderen... Die Farbe von Rommels Afrika-Korps sei es gewesen, so die einen, der Grundfarbton für alle Flecktarn-Fahrzeuge im Fuhrpark der Wehrmacht die anderen. Aber das ist schließlich auch egal. Schön ist es doch jedenfalls, dass aus dem kriegerischen Mimikry einer finsteren Zeit ein niedliches Sahnetörtchen wurde, das von seinen Fans bis heute heiß und innig geliebt wird.

Text und Foto: Achim Gandras