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Motorrad-Magie·4.5.2022

Universelle ZIIIB

Scheunenfund in nahezu letzter Minute

„Puh, das war knapp“ wird sich Peter Patz gedacht haben, als er von dem Brand einer Scheune in Löthain bei Meißen hörte. Aus genau jener Scheune hatte er vor wenigen Wochen seine Universelle geborgen – oder genauer gesagt, was davon noch übrig war. Ein Glücksfall für den Oldtimerfreund aus Zeithain bei Dresden. Ein Glücksfall aber auch für die Universelle ZIIIB, die sonst vermutlich für immer verloren gewesen wäre. Wenn sie aber die richtigen Menschen – so wie hier Peter Patz – bergen, werden wieder tolle Schmuckstücke daraus.

Irgendwann war der Sachse auf das Dreirad in der Scheune eines Verwandten aufmerksam geworden. Zu dem Zeitpunkt eigentlich nur ein Klumpen braunes Blech. Der Pritschenaufbau längst zu großen Teilen verrottet. Ok, dass es sich um eine Universelle handelt, erkannte der Oldtimer-Experte schnell. Doch allein mit dieser Erkenntnis kann man kein Motorrad restaurieren. Zum Glück gab es im Verkehrsmuseum Dresden ein altes Foto des Dreirades. Zwar mit geschlossenem Kastenaufbau statt mit einer Pritsche, doch der war ja eigentlich viel schöner. So also hatte die Universelle einmal in etwa ausgesehen...

Genauso sieht sie heute auch wieder aus – nach monatelanger Arbeit von Peter Patz. Vermutlich eines von nur noch zwei Exemplaren weltweit. Das andere bekannte Universelle ZIIIB wird indes nicht bewegt. Sie steht im Deutschen Postmuseum in Frankfurt.

Vier Jahre hatte sich der Leiter des Sächsischen Feuerwehrmuseums Zeithain vergeblich um die Maschine bemüht. Oder besser gesagt um das Häuflein Schrott, denn der lag natürlich in der hintersten Ecke hinter viel anderem Gerümpel. Der Tipp zu eben jenem „Häuflein Schrott“ stammte aus der Verwandtschaft, über die Peter Patz einen noch ferneren Verwandten kennenlernte. Dann – im Jahr 2000 – ging alles sehr schnell: „Wenn des ni ham willst, kommt’s nächste Woche offn Schrott, 's hatt's bestimmt ni gelohnt, dass'sch des-wegen den Schuppen halb weggeruppt hab...", erklärte der Verwandte in breitem Dialekt. Der Eigentümerwechsel ging dann für eine Flasche „Braunen" über die Bühne.

Nach mehreren erfolglosen Reanimationsversuchen war das Dreirad bereits 1961 in dem Schuppen abgestellt worden, fand Patz heraus. „Vier Wochen nach der Bergung ist der Rest des Schuppens mit einem ebenfalls dort gelagerten KR50-Moped abgebrannt. Es war also die letzte Rille, wie man so sagt“, kann der Oldtimerfreund auch heute noch sein Glück kaum fassen. Voller Enthusiasmus machte er sich an die umfangreiche Restaurierung, genau wissend, was er da für ein Schätzchen geborgen hatte. Unzählige Stunden verbrachte er mit der Wiederherstellung seiner Universelle. Dabei hatte der Sachse mit dem markanten Bart kompetente Hilfe. Den Kasten-Aufbau hat seinerzeit ein junger Tischlermeister gefertigt, dessen Meisterstück eine Tür der Dresdener Frauenkirche war. Die Universelle kommt ja auch aus Dresden. Im Original wurden die Kästen dagegen von der Firma Schumann in Werdau bei Zwickau gefertigt.

Inzwischen hat Peter Patz mit dem Unikat sehr zur Freude der Zuschauer schon zahlreiche Oldtimer-Rallyes bestritten. Natürlich stilecht gekleidet. Da muss alles passen, wenn man für das nicht mehr existierende Tuchhaus Bruno Wilde unterwegs ist. Peter Patz hat sogar maßgefertigte Wildlederstiefel. Es handelt sich dabei um orthopädische Schuhe, die sich der Sachse zur Rehabilitation nach seinen Wünschen fertigen lassen konnte. Sie haben – nach originalgetreuer Vorlage – eine Ledersohle, damit diese nicht beim Bremsen am Auspuff verbrennt. Links befindet sich in einer kleinen Tasche ein Ölkännchen zur Kettenpflege, rechts ein Benzinkännchen für den Start per Zischventil. Und im Kofferaufbau befinden sich einige Muster- oder Messebücher des ehemaligen Tuchhauses. Wenn der Oldtimerfreund diese herausholt, ist die Zeitreise in längst vergangene Epochen perfekt.

Bisher fehlte das originale Typenschild am Motor. Das Layout trug Peter Patz schon lange mit sich herum. „Endlich hat mir einer das Schildchen perfekt in Messing nachgefertigt“, erzählt der Oldtimerfreund. „Der gute Mann ist schon sehr alt und hat in der DDR bei der Stasi hauptberuflich als Schilderreproduzent/Fälscher gearbeitet... Aber das ist schon wieder eine Geschichte für sich.“

Text & Bildquelle: Gregor Mausolf