ADAC MX Masters 

ADAC MX Masters·26.4.2023

Ekerolds Tipps zur optimalen Reifenwahl

Stefan Ekerold ist seit vielen Jahren einer der deutschen Spitzenfahrer. Der amtierende Deutsche Motocrossmeister der Open-Klasse weiß, wie wichtig die richtige Reifenwahl ist und gibt einige seiner besten Tipps preis.

Schon beim Start macht der Reifen viel aus und bestimmt damit den Rennverlauf und die Endplatzierung © Foto: ADAC

Wie wichtig ist die Reifenwahl für Rennerfolge? Sie ist extrem wichtig, denn die Reifen zählen zum Gesamtpaket dazu. Wenn man ein gutes Fahrwerk hat und gute Leistung im Motor, ist das schön und gut, aber es bringt gar nichts, wenn man kein Vertrauen in seine Reifen hat. Die Reifen sind die erste Kontaktfläche mit der Rennstrecke. Sie geben dem Fahrer das erste Feedback, wie schnell man in die Kurve reinfahren kann, wie sehr man sich reinlegen kann und so weiter. Deswegen ist es für ein gutes Gesamtergebnis sehr wichtig, dass man sich mit seiner Wahl wohl fühlt und man die richtigen Reifen für den jeweiligen Untergrund gewählt hat.

Welche Kriterien sind bei der Reifenwahl an einem Rennwochenende entscheidend? Es ist immer abhängig von den Bedingungen: wie viel Feuchtigkeit im Boden ist, ob es Sand oder Hartboden ist. Mein Sponsor Bridgestone empfiehlt verschiedene Einsatzzwecke für die unterschiedlichen Böden und meistens muss man sich nur zwischen je zwei Profilen für vorne und hinten entscheiden. Bei weichen Strecken, kommen zum Beispiel nur der Bridgestone X10, also die Schaufel, und der Bridgestone X20 in Frage, denn beide Profile greifen mit den Stollen tiefer in den weichen Boden hinein als nur obendrauf zu rutschen. Sobald es härter wird vom Boden, bei Strecken wie in Bielstein, Holzgerlingen und Gaildorf, entscheide ich mich zwischen dem neuen X31 oder dem X20. Da treffe ich oft eine Entscheidung auch aufgrund der Bodenverhältnisse beim Start. Bei einer gegrubberten Startgeraden entscheide ich mich dann eventuell für den X20, um beim Start besser weg zu kommen, auch wenn der Reifen aufgrund seiner weicheren Zusammensetzung nicht ganz so lange über die Renndistanz hält. Aber das nehme ich bei so einem dichten Fahrerfeld wie beim ADAC MX Masters zugunsten einer besseren Ausgangslage nach dem Start gerne in Kauf und verzichte auf die letzten 2% mehr Traktion während des Rennens.

Je nach Untergrund muss ein anderes Profil gewählt werden © Foto: ADAC

Hast du eine Empfehlung für einen guten Allround-Reifen, mit dem man eigentlich immer ganz gut liegt? Ja, absolut. Wenn ich jemandem einen Reifen empfehlen müsste, der einen nicht im Stich lässt, wenn es morgens im ersten Training vielleicht noch ein bisschen matschig ist, der aber auch am Ende von Tag, wenn es ausgetrocknet ist, immer noch gut mit Grip versorgt, würde ich auf jeden Fall vorne wie hinten den Bridgestone X20 wählen. Der Boden muss bei mir schon sehr hart sein, dass ich vorne auf den X31 gehe. Vorne fahre ich persönlich in 85% der Zeit den X20. Hinten würde ich auch den X20 empfehlen für Leute, die einen guten Allrounder haben wollen, der sehr viel abdeckt. Selbst wenn es in Richtung sandiger Boden geht, kann man mit dem X20 hinten immer noch sehr konkurrenzfähig sein.

Wie viele Reifen verbrauchst du an einem ADAC MX Masters Wochenende und werden zu jedem Lauf neue Reifen montiert? Auf einem weichen Boden fahre ich das ganze Wochenende ohne Probleme mit einem Vorderreifen. Wenn es sehr hart ist, benutze ich vorne einen Reifen am Samstag und einen neuen am Sonntag. Bei den Hinterreifen benutze ich meistens Samstag einen und dann am Sonntag noch mal einen neuen für die Rennen. Es ist aber nicht so, dass die Reifen nicht mehr fahrbar wären. Ich ziehe die neuen Reifen hauptsächlich auf, um auch noch das letzte halbe Prozent rauszuholen und mit einem guten Gewissen, alles getan zu haben, an den Start zu gehen. Und wenn die frische Kante vielleicht nur beim Start für ein, zwei Plätze weiter vorne gut ist.

Fährst du beim Training unter der Woche dann die gebrauchten Reifen vom Wochenende auf oder montierst du wieder neue? Das kommt ganz drauf an, wenn ich jetzt am Testen vom Fahrwerk oder neuen Dingen am Motorrad bin, dann muss ich natürlich neue Reifen nehmen, um das bestmögliche Feedback zu bekommen. Aber während der Saison ist es normal, dass ich auch die Reifen vom Wochenende noch ein, zwei Trainingstage oder länger fahre. So eine X10-Schaufel kann man sogar noch drei Wochen nach einem Rennen fahren! Ich habe aber auch schon die Erfahrung gesammelt, dass die Reifen beim Training nicht zu verschlissen sein dürfen, wenn man am Limit fahren möchte. Bei mir hat das vor ein paar Jahren mal zu einem Sturz und einer Verletzung geführt. Also ich versuche da nicht mehr, zu sehr Sparfuchs zu sein. Bevor man sich das siebte Dekor für die Saison kauft, sollte man dieses Geld vielleicht doch besser in neue Reifen stecken.

Stefan Ekerold weiß: Reifen sind mit das beste und günstigste Tuning © Foto: ADAC

Man sagt ja, Reifen sind mit das beste und günstigste Tuning am Motorrad. Was schätzt du, wie viel Zeitunterschied der richtige Reifen und das richtige Profil pro Runde ausmachen können? Beim Start allein kann das schon mal 5 bis 10 Plätze Unterschied ergeben und auf der Strecke kann die richtige oder falsche Reifenwahl ganz locker 2 bis 4 Sekunden pro Runde ausmachen. Dir bringt die stärkste Motorleistung oder die oversized Bremse nichts, wenn du die Traktion nicht auf den Untergrund übertragen bekommst. Ein guter Satz Reifen, vorne und hinten, kann immens viel ausmachen und sie sind ein Tuningteil, was viele Leute extrem unterschätzen.

Die Qual der Wahl nicht nur bei den Spurrillen, sondern auch bei den Reifen © Foto: ADAC

Schlauch oder Mousse? Im Prinzip merke ich da mittlerweile gar keinen Unterschied mehr, aber bei dem Maß an Unterstützung, die ich von meinen Partnern inzwischen erhalte, und dem Aufwand an Vorbereitung, den ich betreibe, wäre es sehr bitter, wegen eines Plattfußes bei einem Rennen auszufallen. Dass ich mit Mousse fahre, ist also auch eine Vorsichtsmaßnahme. Wenn man gelernt hat, wie man ein Mousse montiert, ist es sogar recht einfach. Das hält ja viele Leute auch davon ab, mit Mousse zu fahren. Auch beim Training fahre ich mit Mousse. Jeder hat schon solche Trainingstage gehabt, wo man zwei, drei Plattfüße hatte, die einem den ganzen Tag versaut haben. Das muss ich auch nicht mehr haben.

Was ist deine Lieblings-Reifenpaarung? Auch wenn man mit dem Bridgestone X20 vorne und hinten fast überall einen guten Reifen hat, ist meine Lieblingspaarung der X20 vorne und der X10, also die Sandschaufel, hinten. Das liegt aber auch etwas daran, dass ich viel im Sand trainiere. Beim DM-Finale letztes Jahr gab es ein paar harte Stellen auf der Strecke, aber auch ein paar weichere und dort hat diese Kombination richtig gut funktioniert. Die Startgerade hatte weichen Boden und da hatte ich mit dem X10 einen Vorteil. Ich habe beide Holeshots geholt und kam auf dem Rest der Strecke gut klar. Jetzt bin ich Deutscher Meister. Leicht feuchter, weicher Boden ist auch mein Lieblingsboden, vermutlich ein weiterer Grund, weshalb das meine Lieblings-Paarung ist.