ADAC MX Masters·21.9.2012

Schon mal einen Terminkalender erstellt?: Dieter Porsch im Interview

Die ADAC MX Masters Rennserie ging heuer in die achte Saison, nachdem der ADAC 2005 zum ersten Mal eine komplette Saison organisiert und erfolgreich durchführt hat. Diese MX-Rennserie entstand damals auf Vorgabe und Unterstützung von ADAC Sport-Präsident Hermann Tomczyk und auch infolge der mitentscheidend eingebrachten Ideen von Didi Lacher und Pit Beirer. Der Lohn hierfür ist die seit 2006 laufende Partnerschaft mit dem Getränke-Hersteller Red Bull und vielen anderen namhaften Unternehmern.

Trotz dieser Erfolgsgeschichte gibt es jedes Jahr viele Diskussionen über die aktuellen Renn-Termine und mancherorts auch ein gewisses Unverständnis, weshalb sich diese Termine häufig mit den Veranstaltungs-Kalendern anderer Renn-Serien überschneiden. Diesen Fragen und den Gründen, weshalb man die Problematik nicht besser in den Griff bekommen kann, ist der Schweizer Journalist und Fotograf René Streuli nachgegangen. Sein Interviewpartner: Dieter Porsch, Leiter Motorradsport beim ADAC und verantwortlich für das ADAC MX Masters.

Dieter Porsch, wie lässt sich die alljährliche Terminplanung und Festlegung in einem Wort umschreiben. Ist es eher ein "Drahtseil-Akt" oder ist das Wort "Kraft-Akt" zutreffender?

Dieter Porsch: Unter Berücksichtigung aller immer wiederkehrenden und größtenteils kaum vorstellbaren Einflussfaktoren, würde ich es eher als Kraftakt bezeichnen.

Herr Porsch, versuchen Sie bitte unseren Lesern diesen komplizierten und zeitintensiven Prozess bezüglich Terminplanung, der dann letztlich im offiziellen Terminkalender den Erfolg findet, mal etwas zu veranschaulichen...

Dieter Porsch: Ich glaube kaum, dass man dies mit zwei oder drei Sätzen erklären kann. Aber vielleicht können wir das mal anhand der bereits laufenden Arbeiten für den Kalender 2013 etwas aufzeigen. Wie die Jahre zuvor arbeiten wir in einem Dreier-Team, bestehend aus Werner Schliefer (verantwortlich für Serien-Organisation & -Management), Katrin Wustmann (zuständig für Marketing & Event-Planung) und meiner Person.

Wie muss man sich die Termin-Festlegung vorstellen? Wie läuft das in etwa ab; ich meine da gibt bestimmt eine Grobplanung, eine Feinabstimmung usw.?

Dieter Porsch: Die Grobplanung für unsere ADAC MX Masters Serie beginnt anfangs eines jeden Jahres und dauert bis zum 1. Mai. In dieser Zeit können sich alle interessierten Motorsport-Clubs für ein Rennen der Masters-Serie bewerben. Mit den Bewerbern werden dann die ersten Verhandlungen geführt, aus denen der erste provisorische Renn-Terminkalender hervorgeht. An diesem Kalender wird dann bis Mitte des Jahres aber noch kräftig gearbeitet. Dieser Kalender-Vorschlag wird dann dem ADAC Sportausschuss vorgelegt, der die endgültige Festlegung und Auswahl der Clubs trifft. Bis im Oktober muss dann der eigentliche Termin-Kalender soweit fertig sein, da zu der Zeit immer der FIM-Kongress tagt, an dem unter anderem auch die verschiedenen Renndaten der jeweiligen Landesverbände geprüft und abgeglichen werden. Dies ist unumgänglich, da sich alle Landesverbände und deren Rennserien in erster Linie nach dem offiziellen Renn-Kalender der FIM- MX1- & MX2-Weltmeistersschaft, aber auch nach der Junioren-WM & EM richten muss.

Sicherlich keine leichte Aufgabe, da davon auszugehen ist, dass die verschiedenen in Frage kommenden Veranstalter ihre Interessen verständlicherweise auch wahrgenommen haben wollen.

Dieter Porsch: Genau! Einerseits sind da die sportlichen Interessen der Clubs und diejenigen der ADAC Rennserie zu berücksichtigen. Andererseits gibt es bei den Clubs aber auch Notwendigkeiten mit den verschiedensten Behörden wie Polizei und Feuerwehr, Ämtern, Sicherheits- & Rettungs-Institutionen - wie beispielsweise Ärzte, Rettungswagen, Sanitäts- Einrichtungen, Spitäler usw. - denen man unbedingt auch offene Ohren entgegenbringen muss. Und dann sind da auch noch die politischen Behörden, die andere ebenfalls für diese Zeit geplante Veranstaltungen innerhalb der Austragungsorte und Regionen durchführen wollen. Diese Phase der Planung erfordert von unserem Team in Zusammenarbeit mit den Veranstaltern sehr viel Geduld, Nerven aber auch Verhandlungsgeschick. Und wir benötigen hier sehr stark die Flexibilität und Kooperationsbereitschaft der Clubs.

Bezüglich MX1- und MX2-Weltmeisterschaften ist es erfahrungsgemäß doch aber auch so, dass zum Zeitpunkt des FIM-Kongresses auch der WM-Terminkalender öfters noch einige offene Detail-Fragen aufweist. Also sind solche Termine-Abgleichungen all dieser Rennserien innerhalb des Kongresses auch nur mit Vorsicht zu werten.

Dieter Porsch: Es ist richtig, dass dies fast jedes Jahr der Fall ist. Dies löst dann einen sogenannten Domino-Effekt aus, der insbesondere die Landesverbände von Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Holland und Italien zwingt, an ihren Stellschrauben zu drehen. Denn es ist ein unbedingtes MUSS, dass die wichtigsten europäischen Rennserien und Landes-Meisterschaften keine Termin-Überschneidungen mit den MX1- & MX2-Terminen haben.

Welches sind die wichtigsten Gründe, weshalb dies unbedingt vermieden werden sollte?

Dieter Porsch: Es ist so, dass sich die ADAC MX Masters-Serie - die mit Red Bull seit 2006 einen sehr starken und kompetenten Partner an seiner Seite hat - ganz klar als Unterbau der FIM-MX1- & MX2-WM sieht. Deshalb wollen wir auch an unserm Konzept nicht groß was ändern - optimieren und verfeinern ja, aber nicht grundlegend was ändern. Hinzukommt die Tatsache, dass immer wieder zahlreiche WM-Fahrer wie Xavier Boog, Evgeny Bobryshev, Max Nagl, Ken Roczen (bis 2011), Petar Petrov, Harri Kullas, Valentin Guillod usw. die ADAC MX Masters-Rennen fahren wollen, um sich auf bevorstehende GPs optimal vorbereiten zu können. Beispielsweise Fürstlich Drehna mit seiner Sandstrecke, eignet sich bestens für Fahrer und Bike, um perfekt vorbereitet in Valkenswaard (NED) racen zu können. Tensfeld bietet sich auch regelmäßig als Vorbereitung auf den GP in Lierop (NED) an - wenn auch nicht unbedingt in diesem Jahr. Denn in dieser Saison gingen wir erstmals nach Emmen (NED), weil unmittelbar danach in Lierop gefahren wird. Zudem diente Emmen auch als Vorbereitung auf den großen Saisonhöhepunkt; denn im belgischen Lommel steht dieses Jahr das MXoN auf dem Kalender. Es gibt also viele gute Gründe, weshalb weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen WM-Promoter Youthstream, der FIM und unserer ADAC Renn-Serie gepflegt werden sollte.

Trotzdem gibt es immer wieder Stimmen, die die Termin-Kalender infolge häufiger Termin-Überschneidungen mit anderen Rennserien kritisieren...

Dieter Porsch: Ja, auch das kann ich aus Sicht der Betroffenen sehr wohl verstehen. Allerdings gilt es zu bedenken, dass sich Termin-Konflikte ganz einfach nicht vermeiden lassen. Dies zu vermeiden geht allein aufgrund der Tatsache nicht, dass es beispielsweise in Deutschland, aber auch in anderen Ländern (Belgien, Frankreich, Holland, Österreich, Schweiz, usw.) sehr viele verschiedene Rennserien gibt, die ihre Termin-Kalender ebenfalls ohne größere Termin-Überschneidungen mit der WM festlegen müssen. Doch die Verfügbarkeit von jährlich vielleicht 32 Wochenenden - verteilt über die Monate März bis Oktober - lassen ganz einfach gar keine Renn-Kalender zu, die alle Beteiligten zufrieden stellen können. Man darf jedoch auch hinzufügen, dass sehr viele Fahrer aus dem In- und Ausland, trotzdem sehr gerne bei uns fahren, weil sie sich weiterentwickeln wollen. Und dies können sie bei uns mit Sicherheit, da sie sich in der ADAC MX-Masters-Serie, aber auch im ADAC MX Youngster- und im ADAC MX Junior Cup zumindest mit Europas besten MX-Fahrern messen können.

Um zumindest für Europas WM-Fahrer die Teilnahme an ADAC Masters-Rennen zu vereinfachen und attraktiver zu gestalten, stellen Sie mit Beginn der aktuellen Saison 2012 den Fahren aus den Top-15 der MX1/MX2-WM jeweils pro Rennen zwei Wildcards zur Verfügung...

Dieter Porsch: Der Grund ist, dass von den betroffenen WM-Teams aus dem Ausland immer wieder Stimmen laut wurden, weil es für ihre WM-Fahrer, aber auch für die Teams sehr Zeit- und kräfteraubend sei, wenn Sie am Freitag anreisen müssten, um samstags die Zeit-Trainings bestreiten zu müssen und um dann am Sonntag die Rennen fahren zu können. Daraufhin sind wir nach einigen Überlegungen zur Überzeugung gelangt, dass es für diese Fahrer und Teams einfacher und auch attraktiver sein müsste, wenn sie nicht mehr freitags, sondern am Samstag oder sonntags früh anreisen können. Ihr notwendiges Training können sie dann am Sonntagmorgen im Rahmen des Warm-up absolvieren. Denn man kann ja mit Sicherheit davon ausgehen, dass sich diese Fahrer immer qualifizieren werden. Entsprechend positiv war auch das Feedback der Fahrer und Team-Manager anlässlich des Team- und Industriemeetings, das wir im Rahmen des diesjährigen Supercross in Dortmund durchführten. Während dieses Meetings wurde der Beschluss gefasst.

Lassen Sie uns nochmals kurz über die Bewerber für ADAC MX Masters-Rennveranstaltungen reden. Seit Jahren führen mehrheitlich immer wieder dieselben Clubs Masters-Rennen durch - Höchstädt, Fürstlich Drehna, Gaildorf und Aichwald, um nur einige Beispiele zu nennen. Welche Anstrengungen seitens des ADAC MX Masters OKs werden unternommen, um die Zusammenarbeit auch über Jahre zu festigen?

Dieter Porsch: Natürlich stehen wir mit den langjährigen Veranstaltern regelmäßig im Dialog, um für alle Beteiligten nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Neben den Teams mit ihren Fahrern, sollen selbstverständlich auch die Veranstalter, die zahlenden Zuschauer, aber auch die Medien positive Verbesserungen und Veränderungen nutzen können. Beispielsweise haben wir zusammen mit dem Club in Höchstädt in der vergangenen Saison ein neues Gebäude mit modernen sanitären Einrichtungen (Duschen, WC- Anlagen), aber auch Räumlichkeiten mit entsprechend verbesserter Infrastruktur für die Ärzte in Betrieb nehmen können. Diesen und anderen baulichen Maßnahmen, wie Verbesserungen im Bereich Streckensicherheit, dient unser ADAC Sportstätten-Förderprogramm. Mit diesem Programm beteiligt sich der ADAC jeweils mit bis zu 60% an den Gesamtkosten, die den Clubs für solche Neueinrichtungen entstehen.

Immer wieder gehen Sie mit der ADAC MX Masters-Serie ins nachbarliche Ausland. Ried im Innkreis, Möggers (beide AUT) oder vergangenen August Emmen (NED) sind einige Beispiele. Weshalb?

Dieter Porsch: Das hat zwei Gründe; einerseits wollen wir in die Nachbarländer, um ihnen diese sowohl sehr populäre, wie auch auf einem sportlich sehr hohen Niveau ausgetragene Rennserie näherzubringen. Vergessen wir dabei nicht, dass wir immer wieder sehr viele gute Fahrer aus diesen Landesverbänden in unsere Serie aufnehmen dürfen. Der andere Grund ist ganz einfach der, dass wir durch das vereinzelte Expandieren in die Nachbarsländer mehr Varianten bezüglich des Terminkalenders bekommen.

Gibt's da auch neue Interessenten und wenn ja, wie lassen sie sich in die Serie einbetten?

Dieter Porsch: Es gibt erfreulicherweise immer wieder neue Clubs aus andern Ländern, aber auch aus dem Inland, die gerne ein ADAC Rennen organisieren und durchführen möchten. In solchen Fällen laden wir öfters die OKs möglicher Veranstalter zu einem unserer Masters-Rennen ein, um mit ihnen direkt vor Ort über eine mögliche Zusammenarbeit zu diskutieren. Wir gehen aber auch zu ihnen, um uns über ihre Möglichkeiten zu informieren. So erhalten wir schon mal Eindrücke über ein eventuelles Strecken-Layout, über das vorhandene Fahrerlager und über infrastrukturelle Einrichtungen.

Herr Porsch, die letzte Frage bezieht sich nochmals auf ihre Zusammenarbeit mit dem WM-Promoter Youthstream bzw. mit der FIM. Was würden Sie sich für die Zukunft wünschen, was würden Sie im Interesse der ADAC MX Masters-Serie gerne verbessert sehen?

Dieter Porsch schmunzelt: Obwohl ich zu Wolfgang Srb (MX-Renndirektor FIM) ein sehr gutes Verhältnis pflege, würde ich mir manchmal wünschen, dass mehr Kontakt und Dialog mit Serien wie der unseren bestehen würde. Ich denke, dies würde die Arbeit der Landesserien stark vereinfachen. Aber ich kann auch verstehen, dass die Ideen der FIM und diejenigen des Promoters Youthstream - vertreten durch ihren Präsidenten Giuseppe Luongo - Vorrang haben und dementsprechend umgesetzt werden sollen. Wichtig ist, dass die WM-Organisation versteht, dass wir keine Konkurrenz, sondern der existenzielle Unterbau der WM sind.

Herr Porsch, für dieses offene und ausführliche Gespräch bedanke ich mich ganz herzlich!

Text: René Streuli / Foto: René Streuli - RS-Sportbilder.ch